Im letzten Artikel sind wir kurz auf das wichtige Gleichgewicht von Aktien- und Anleihemärkten eingegangen. Inzwischen haben sich die Kapitalmarktzinsen spürbar verteuert. Eine der weltweit wichtigsten Seismografen, die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen, stieg auf ca. 1,6%. Letztlich ist dies nichts anderes als der Ausdruck eines starken Konjunkturoptimismus, aber auf diesem Niveau ergeben sich noch keine negativen Auswirkungen, weder auf die Refinanzierungskosten von Unternehmen noch auf die Zinslast der hoch verschuldeten Staaten oder die wirtschaftliche Erholung an sich.
Was bedeutet dies aber für das Gleichgewicht der Märkte? Einerseits steigt die relative Attraktivität von Anleihen zu Aktien für Anleger nun leicht an, andererseits werden Übertreibungen auf den Aktienmärkten korrigiert. Denn höhere (risikofreie) Zinssätze reduzieren in den Bewertungsmodellen der institutionellen Anleger den Barwert zukünftiger Einnahmen der Unternehmen und damit deren Bewertung, eine Kausalität, die übrigens auch z.B. bei der Preisfindung von vermieteten Immobilien eine Rolle spielen wird.
Folgerichtig haben Anleger hoch bewertete Wachstums- und Technologiewerte verkauft, während gleichzeitig eine Umschichtung von „Corona-Gewinnern“ zu konjunktursensiblen Werten stattfindet. Für das notwendige Gleichgewicht der Märkte sind diese Anpassungen zu begrüßen, der Investitionsboom in Digitalisierungs-, Elektrifizierungs- und Klimatrends ist davon nicht betroffen.
Dennoch ist Wachsamkeit geboten. Der Anleihemarkt ist um ein Vielfaches größer als der Aktienmarkt und viele institutionelle Anleger halten hohe Anleihepositionen am Markt. Die Anleiheprofis scheinen auch testen zu wollen, ob und wann die Zentralbanken eingreifen werden und ob diese überhaupt in der Lage sind, das lange Ende der Zinskurve zu beeinflussen. Momentan warten diese eher ab. Spannend wird es erst, wenn die Inflation an Dynamik gewinnt und die Notenbanken gezwungen sind, die Anleihekäufe am Markt zurückzufahren.
Auf den Rohstoffmärkten sind bereits starke Preissteigerungen zu verzeichnen. Kupfer und Zucker haben sich in 12 Monaten verdoppelt, der Preis für Rohöl stieg von kurzzeitig negativem Terrain im letzten Jahr auf inzwischen wieder über 68 US$/Fass. Die Containerfrachtraten sind um 40 Prozent angezogen und auch die Geldmengen der Industriestaaten schwellen an.
Trotz allem kann man noch nicht von einer signifikanten Inflation sprechen, da insbesondere starke Lohnsteigerungen als Treiber noch ausfallen. Dies könnte erst dann der Fall werden, wenn sich die gezwungene Zurückhaltung der Corona-Zeit in massive Nachholeffekte bei den Konsumenten umschlägt (auch befeuert durch die immensen Liquiditätsspritzen der Notenbanken und Regierungen) und ein neuer Wirtschaftsboom die Kapazitätsgrenzen bei Arbeitskräften und Maschinen erreicht. Die Folge wären dann starke Lohn- und Preisspiralen.
Unsere professionellen Anleger sind gut beraten, diese Entwicklungen eng zu verfolgen und innerhalb eines international breit gestreuten Portfolios aller Assetklassen flexibel auf diese Veränderungen zu reagieren.